Geschädigte fordern weiterhin Verbot gefährlicher Antibaby-Pillen
Proteste auf der Bayer Aktionärshauptversammlung am 26. April 2019 in Bonn
Über 2,1 Milliarden Dollar
Entschädigung in den USA/Klagen in ganz Europa
Neue kombinierte Antibaby-Pillen der 3. und 4. Generation mit den Wirkstoffen Drospirenon, Dienogest, Desogestrel und Gestoden haben ein deutlich höheres Risikopotential für Thrombosen als ältere Präparate der 2. Generation mit dem Gestagen Levonorgestrel. Es entstehen dadurch häufiger Thrombosen, Lungenembolien und Schlaganfälle. Geschädigte Frauen, die ein Verbot dieser Produktgruppen fordern, kündigten heute Proteste zur Hauptversammlung der Bayer AG am 26. April 2019 in Bonn an.
Bayer zahlte bis Februar 2016 alleine für außergerichtliche Vergleiche in den USA für drospirenon-geschädigte Frauen 2,1 Milliarden US-Dollar an 17.500 Klägerinnen. Weitere Klagen sind dort noch anhängig. Auch in Kanada und in Israel gibt es Klagen. In Europa klagen betroffene Frauen in Frankreich, Österreich, Italien, in der Schweiz und in Deutschland. Die Klage in Deutschland von Felicitas Rohrer ist kürzlich in die nächste Instanz an ein Oberlandesgericht gegangen. Bayer rechnet mit weiteren Zahlungen und hat bereits bilanzielle Vorsorgemaßnahmen getroffen.
Andere Länder reagieren bereits: In Frankreich werden die Kosten von Pillen der 3. und 4. Generation inzwischen nicht mehr von der Krankenkasse übernommen. In Großbritannien, den Benelux-Ländern, Dänemark und Norwegen warnen die Gesundheitsbehörden vor den erhöhten Risiken. Aber auch in Deutschland tut sich etwas: Die Techniker Krankenkasse veröffentlichte im Oktober 2015 einen Pillenreport, in dem sie vor der Einnahme der Antibaby-Pillen der 3. und 4. Generation abrät.
Das Marketing der Hersteller Bayer bzw. der Bayer-Tochterfirma Jenapharm wendet sich dennoch weiterhin speziell an Mädchen und junge Frauen. Geworben wird in erster Linie mit Versprechungen wie „Gewichtsabnahme“ und „wirkt gegen Akne“, auf die erhöhten Gefahren hingegen wird nicht eingegangen.
Drospirenonhaltige Präparate wie Yasmin®, Yasminelle® und Yaz® galten lange als meistverkaufte Antibaby-Pillen der Welt und waren einst Bayers umsatzstärkste Produkte. Warnhinweise zu erhöhten Risiken fand man bei den Pillen der Yasmin-Gruppe jedoch elf Jahre lang nicht im Beipackzettel. Ähnlich verhält es sich nun mit Präparaten wie der Valette® mit dem Wirkstoff Dienogest. Es scheint, als würde sich der Pharmariese erneut scheuen, Warnhinweise verantwortungsvoll zu behandeln, um Profite nicht zu gefährden. Denn bereits im Dezember 2018 verschickte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen sogenannten ‚Rote Hand Brief’ an alle Ärzte, mit deutlichen Warnhinweisen zu einem erhöhten Risiko für kombinierte Pillen mit Dienogest. Auf der Internetseite von Bayers Tochterfirma Jenapharm findet man dagegen bis heute keine aktuellen Warnhinweise im Beipackzettel. Stattdessen steht dort, dass das Risiko dienogesthaltiger Antibaby-Pillen für venöse Thromboembolien derzeit „unbekannt“ sei. Alleine in Deutschland wurden dem BfArM durch Pillen der 3. und 4. Generation 53 Todesfälle und 1463 thromboembolische Vorfälle gemeldet. Wir schätzen die Dunkelziffer weitaus höher, da oft kein kausaler Zusammenhang vermutet wird. Die geschädigten Frauen müssen lebenslang mit den Folgen kämpfen. Familienplanung und Berufswünsche sind oft mit einem Schlag zunichte gemacht worden. Bayer weigert sich aber weiterhin, in Deutschland und Europa Verantwortung für seine Antibaby-Pillen zu übernehmen.
In Deutschland haben wir Betroffene uns zu „Risiko Pille – Initiative Thrombose-Geschädigter“ zusammengeschlossen. Unser Ziel ist es, Frauen für die Risiken der Pille zu sensibilisieren, den Betroffenen ein Gesicht zu geben und endgültig mit dem Mythos aufzuräumen, als Geschädigte ein Einzelfall zu sein. Uns ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die verschiedenen Pillengenerationen ein unterschiedliches Thromboserisiko haben, was nicht im Beipackzettel erwähnt wird, sodass vollkommen gesunde, junge Frauen, die zu keiner Risikogruppe gehören, schwerwiegende bis tödliche Nebenwirkungen erleiden. Unsere Internetseite www.risiko-pille.de zeigt über 400 Erfahrungsberichte betroffener junger Frauen und Mädchen und informiert umfassend über die Risiken verschiedener Pillen-Präparate.
An der Versammlung in den Bonner Messehallen nehmen neben Vorstand und Aufsichtsrat rund 4.000 AktionärInnen teil. Wir sind vor Ort und informieren vor der Messehalle über unser Anliegen und werden auch mit einer Rede im Saal den Vorstand direkt mit den Fakten konfrontieren.
Im Dezember 2018 hat das Landgericht Waldshut-Tiengen die erste Klage in Deutschland gegen Bayer auf Schadenersatz und Schmerzensgeld nach über sieben Jahren des Prozesses negativ beurteilt. Felicitas Rohrer lässt sich davon aber nicht abschrecken und will weiterkämpfen. Der Prozess geht in Berufung. Die Klägerin Felicitas Rohrer ist Mitbegründerin der ITG.
weitere Informationen:
- Website der ITG: www.risiko-pille.de
- Kampagne der CBG: www.cbgnetwork.org/3113.html
- Pillenreport der Techniker Krankenkasse: https://www.tk.de/tk/themen/studien-und-auswertungen/pillenreport-2015/770798
- Rote Hand Brief zu dienogesthaltigen Pillen wie Valette®: https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RHB/2018/rhb-dienogest-ethinylestradiol.html
Gerne stehen wir für Rückfragen vor und während der Bayer Hauptversammlung zur Verfügung.